Bremer Verein packt in Hochwassergebiet mit an
Halbe Hähnchen für hungrige Helfer
Von: Jürgen Theiner
Bremer Verein Help Dunya packt nach Hochwasser-Katastrophe in Westdeutschland mit an
Bremen/ Bad Neuenahr-Ahrweiler. In den Überflutungsgebieten von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz hat nach der unmittelbaren Katastrophenhilfe das Aufräumen und Instandsetzen begonnen. Zerstörte Infrastruktur wird provisorisch wiederhergestellt, Eigentümer sichern notdürftig ihre beschädigten Häuser. Mittendrin waren in den vergangenen Tagen zwei Männer, die dafür gesorgt haben, dass das Wort Bremen in der Gegend einen guten Klang hat: Morteza Eshghparast und Ramadan Semo von der Hilfsorganisation Help Dunya.
Der eingetragene Verein mit Sitz in der Hansestadt ist mit seinen Aktivitäten eigentlich eher international ausgerichtet, wie schon aus der Bezeichnung hervorgeht – Dunya steht im Persischen, aber auch in einigen anderen Sprachen für Welt. In Ländern wie Somalia, dem Jemen oder Ghana hat Help Dunya in den vergangenen Jahren Katastrophenhilfe geleistet und zugleich langfristig wirksame Infrastruktur aufgebaut, etwa durch das Bohren von Brunnen und die Ausstattung von Hospitälern. Als aber Mitte Juli die albtraumhaften Bilder von der Flutkatastrophe in Westdeutschland über die TV-Schirme liefen, entschloss man sich bei Help Dunya spontan, erstmals im eigenen Land aktiv zu werden. Eshghparast und Semo kauften mehrere Stromgeneratoren sowie eine größere Anzahl Taschenlampen und fuhren mit der Fracht Richtung Südwesten. „An einem Checkpoint der Behörden haben wir einen Polizisten kennengelernt, der sehr freundlich war und uns weitergeleitet hat“, berichtet Eshghparast. Ausgestattet mit einer Art Passierschein, ging es für die Bremer in die vom Hochwasser verwüsteten Ortschaften. Der erste Anblick der Zerstörungen sei bestürzend gewesen, sagt „Morti“ Eshghparast. „Ich stand echt unter Schock. Das sah dort aus wie nach einem Tsunami.“ Rasch habe sich herausgestellt, dass er und Semo bei ihrem ersten Hilfstransport genau das Richtige an Bord gehabt hätten. Die Taschenlampen deponierten sie an Sammelstellen der Behörden, die Generatoren leisten inzwischen ihre Dienste in Häusern, die zum Teil über eine Woche lang von der Stromversorgung abgeschnitten waren.
Der eigentliche Clou aber war der Hähnchenwagen. Für rund 18.000 Euro charterte Help Dunya in der nordrhein-westfälischen Stadt Lünen einen mobilen Imbiss und dirigierte ihn in die am stärksten betroffenen Orte wie Erftstadt-Blessem und Bad Neuenahr-Ahrweiler. Dort staunten die Bundeswehrsoldaten, THW-Angehörigen und anderen Helfer nicht schlecht, als sich die Klappen des Hähnchenwagens öffneten, der Imbissbetreiber Grill und Fritteuse anwarf und ein großes Schild aufhängte, auf dem das Wort „Kostenlos“ prangte. Das Angebot fand reißenden Absatz. Allein in der Gemeinde Dernau verputzten die hungrigen Helfer am vergangenen Dienstag 700 halbe Hähnchen mit Pommes und Cola – gestiftet vom Bremer Verein.
Positive Kommentare auf Facebook
Das lokale Echo in den sozialen Netzwerken war entsprechend. Eine kleine Auswahl der 210 Einträge bei Facebook liest sich so: „Einfach klasse. Unsere Helfer und die Betroffenen würden verhungern, wenn es nicht solche Leute wie euch geben würde“; „auch wenn ich selbst Veganerin bin – megatolle Aktion“; „Ich könnte heulen für eure Hilfsbereitschaft“; „ich hätte nie gedacht, dass es in diesem Land noch so eine Hilfsbereitschaft gibt“. Einer der User fasste sich kurz: „Ehrenmänner!“ Der so geadelte Werbeunternehmer Eshghparast empfindet diese Welle der Zuneigung als schönsten Lohn für die Aktion: „Das war eine Riesenfreude, ich kann das nicht anders sagen. Die Reaktionen waren überwältigend.“ Bei Help Dunya denkt man inzwischen über eine Fortsetzung der Hilfen nach. Ein Budget sei dafür vorhanden, sagt Eshghparast.
In der Tat ist Help Dunya innerhalb weniger Jahre zu einem be- und geachteten Akteur unter den karitativen Organisationen geworden. Lag das jährliche Spendenaufkommen im Jahr 2018 noch bei rund 330.000 Euro, so erreichte es 2020 bereits 2,2 Millionen Euro. Das Geld kommt überwiegend von muslimischen Gläubigen, inzwischen aus ganz Europa. Dass der Zuspruch so stark gewachsen ist, führt Morteza Eshghparast zum einen auf die uneingeschränkte Transparenz zurück, die Help Dunya garantiere, unter anderem durch die umfassende Dokumentation der Aktivitäten im Internet. Zum anderen arbeite die Organisation nach einem klaren Grundsatz. „Wir schicken das Geld nicht einfach da runter und hoffen, dass was draus wird, sondern kümmern uns persönlich vor Ort um die Verwendung“, versichert der Vorsitzende. „Ich denke, dadurch punkten wir.“
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