Alltagshilfe in Zeiten von Corona: Wohin sich Betroffene wenden können
Corona ist für alle neu – und für nicht alles gibt es schon staatliche Lösungen. Dafür vernetzen und engagieren sich Menschen, Nachbarn und Händler umso mehr.
Facebook ist seit langem in der Kritik: Es spalte die Gesellschaft, weil jeder in seiner Filterblase gefangen sei, glauben viele. Doch im Moment passiert oft das Gegenteil: In den sozialen Netzwerken organisieren sich auch in Bremen und Bremerhaven Menschen, die ihren Nachbarn helfen wollen. In Bremerhaven hat sich zum Beispiel die Facebook-Gruppe “Bremerhaven bleibt gesund – Die Corona-Combat-Gruppe für Helfer” gegründet. Mehr als 600 Teilnehmer gibt es mittlerweile. Hilfsangebote wie Einkaufen oder Gassi gehen sollen dort gebündelt werden. Es können sich Freiwillige melden, aber auch Menschen, die Hilfe benötigen. Einige wollen sogar Schutzkleidung und -masken nähen. Die Gruppe hat sich auch beim Krisenstab des Bremerhavener Magistrats gemeldet und ihre Hilfe angeboten.
Auch in Bremen gibt es mehrere online gestartete Gruppen zur Nachbarschaftshilfe. Die “Nachbarschaftshilfe HB” ist eine davon. Begonnen hat es in einem Gruppenchat des Messengers Telegram, schnell kamen dort 800 Leute zusammen. Die Studentin Mirka Lenz war am Anfang mit dabei und ist vom Erfolg der Initiative hingerissen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, jedesmal, wenn ich drauf gucke, denke ich ‘oh mein Gott, heftig!’ Und das geht einfach alles so schnell, das ist einfach unglaublich. Das beeindruckt mich total.
Mirka Lenz, Mit-Initiatorin der Nachbarschaftshilfe Bremen
In mittlerweile 13 Sprachen bieten Mirka Lenz und ihre Mitstreiter Hilfebedürftigen Unterstützung an, dafür haben sie nun sogar Telefonnummern geschaltet und eine eigene Homepage online gestellt. “Wir möchten Menschen, die durch das Corona-Virus besonders gefährdet sind und es deswegen möglichst vermeiden wollen raus- bzw. unter Menschen zu gehen, unsere Hilfe anbieten”, schreibt die Initiative: “Beim Einkaufen, Sachen zur Post bringen oder abholen, mit dem Hund spazieren gehen oder andere Dinge erledigen.”
Statt Brunnen in Bangladesh nun Einkaufshilfe in Bremen
Auch eine andere Initiativen in Bremen, etwa die Nichtregierungsorganisation (NGO) “Help Dunya”. Deren Mitglieder kümmern sich eigentlich um Krisengebiete in aller Welt. Nun ist es eben auch mal Norddeutschland: “Es gibt sicherlich ältere oder kranke Menschen, die niemanden haben, die vielleicht Angst haben, einkaufen zu gehen. Der Mensch denkt in Krisenzeiten meistens an sich selber und an die eigene Familie. Aber was ist mit diesen Menschen, wer soll denen helfen?”, fragte sich Morteza Eshghparast von “Help Dunya” – der mit seinen Mitstreitern nun nicht nur Waisenhäuser oder Brunnen baut, sondern Bremern in Not beim Einkaufen hilft.
Abseits der staatlichen Einrichtungen gibt es bei zahlreichen anderen Initiativen Spontan-Angebote, zum Beispiel bei der Diakonie der Bremischen Evangelischen Kirche oder bei der Jungen Union der CDU. Auch Unternehmer haben sich besondere Angebote für Betroffene einfallen lassen. Zwei Supermarktinhaber aus Bremerhaven wenden sich am Wochenende an alle Menschen ab 65, die besonders infektionsgefährdet sind. Nur die dürfen am Sonntag von neun bis elf Uhr in die Supermärkte. Die Chefs persönlich, versprechen sie, werden an der Kasse sitzen. “Und wir sorgen natürlich dafür”, so Marktbetreiber Daniel Streubel, “dass euch auch noch Toilettenpapier und Mehl zur Verfügung stehen.”
UPDATE, 19. März: Der Supermarkt wird ad den kommenden Sonntagen doch nicht öffnen, da der Inhaber einen zu großen Ansturm erwartet. Statt dessen wird es wahrscheinlich kommenden Dienstag Öffnungszeiten nur für Senioren geben.
Help Dunya e.V.: @HelpDunya Telefon: 0171-3788202
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